Der Freistaat droht seine selbst gesteckten und gesetzlich verankerten Ziele beim Ausbau des Ökolandbaus weit zu verfehlen. Der Agrarbericht 2024 weist für 2023 eine Fläche von 420.037 Hektar ökologisch bewirtschafteter Fläche aus – das entspricht einem prozentualen Anteil von rund 13,6 Prozent an der gesamten Agrarfläche.
Verglichen mit 2021 (408.429 Hektar) bedeutet dies zwar eine Zunahme um rund 11.550 Hektar. Bezogen auf das Ziel, 2030 einen Ökolandbau-Anteil von 30 Prozent an der bayerischen Landwirtschaftsfläche zu erreichen, zeichnet sich aber ein Scheitern immer klarer ab.
«Die Staatsregierung nimmt das Ausbauziel 30 Prozent bis 2030 nicht ernst, obwohl es durch das Artenvielfalt-Volksbegehren Gesetzesrang bekommen hat», sagte ÖDP-Landeschefin Agnes Becker der Deutschen Presse-Agentur. Becker hatte 2019 das Volksbegehren «Rettet die Bienen» gemeinsam mit anderen Umweltschützern initiiert. Es ist bis heute das erfolgreichste Volksbegehren in der Geschichte des Freistaats.
Becker warf Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) vor, zwar im Bericht «viele blumige Worte über die Leistungen des Ökolandbaus» und zur Artenvielfalt zu finden. Dennoch fehle ein Bekenntnis zu einer verbindlichen 30 Prozent Bio-Quote beim Lebensmitteleinkauf der öffentlichen Hand. «Aktuell liegt dort die Bio-Quote bei etwas über einem Prozent. So wird ganz offen das 30-Prozent-Ausbauziel im Naturschutzgesetz missachtet und dass, obwohl dieses Ziel von über 1,7 Millionen Menschen in Bayern unterstützt wurde. Das sollte die Ministerin beschämen.»
Auch der Bund Naturschutz (BN) warf Kaniber vor, das absehbare Scheitern billigend in Kauf zu nehmen: «Der Ökolandbau ist ein zentraler Baustein für den Schutz von Boden, Wasser, Klima und Artenvielfalt. Doch anstatt ihn konsequent zu stärken, wird er weiterhin durch bürokratische Hürden und mangelnde Planungssicherheit ausgebremst», sagte der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe in München.
Erst kürzlich habe der Wegfall einer Förderung für den Humusaufbau viele Landwirte «kalt erwischt» und damit eine nachhaltige Agrarpolitik erschwert, betonte Geilhufe. «Im Ökolandbau brauchen wir dringend mehr konkrete Maßnahmen, die den eigenen Zielsetzungen entsprechen und welche die Entwicklung von bestehenden Biobetrieben fördert und konventionelle Betriebe zur Umstellung einlädt.»
Um das 30-Prozent-Ziel doch noch zu erreichen, müsste der Ökolandbau um rund 60.000 Hektar pro Jahr zulegen. Einen derartigen Zuwachs hat es aber noch nie gegeben.
Die Ergebnisse des Agrarberichts verdeutlichten, so der BN, dass die bayerische Agrarpolitik nicht zukunftsfähig ausgerichtet ist. «Anstatt kleinbäuerliche Strukturen zu stärken und nachhaltige Anbaumethoden zu fördern, profitieren nach wie vor vor allem große Betriebe von den agrarpolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen», sagte Geilhufe. Der Ausbau von Ökolandbau und regionalen Vermarktungsstrukturen werde dagegen nicht entschieden genug vorangetrieben.
Kaniber wies die Vorwürfe der Verbände zurück. Es sei absurd, dass die Verbände ausgerechnet das beim Ökolandbau erfolgreichste deutsche Bundesland kritisierten. «Bayern ist bei Betrieben, Fläche und Verarbeitern Ökoland Nummer eins und wir haben die in Deutschland höchstmögliche Förderung für den Ökolandbau», sagte die Ministerin.
Darauf, dass der Freistaat seine selbst gesteckten und gesetzlich verankerten Ziele beim Ausbau des Ökolandbaus weit zu verfehlen drohe, ging das Ministerium in seiner Replik nicht explizit ein.
Kaniber sagte dagegen, zur Wahrheit gehöre auch, dass laut bayerischem Agrarbericht in den vergangenen beiden Jahren der Anteil staatlicher Zahlungen am Gewinn der Ökobetriebe bei 65 Prozent gelegen habe. «Bei der Gruppe vergleichbarer konventionell wirtschaftender Betriebe lag dieser Anteil bei 42 Prozent. Wir unterstützen die Biobetriebe somit nachweislich schon jetzt über alle Maßen.»
Kaniber betonte: «In erster Linie entscheiden die Verbraucher beim Einkauf, ob es eine Nachfrage nach Bio-Produkten gibt. Wir leben hier nicht in einer Planwirtschaft, in der die Politik entscheidet, was produziert wird und was die Leute einzukaufen haben. Wir treiben unsere Landwirte nicht in eine Umstellung, wenn es dann für ihre Produkte keinen Absatz gibt.»
Quelle: dpa