Bezirk Oberfranken kürt „Schnerbfl“ zum Oberfränkischen Wort des Jahres

27. Oktober 2024 , 11:15 Uhr

„Schnerbfl“ ist das Oberfränkische Wort des Jahres 2024. Bezirkstagspräsident Henry Schramm verkündete die Entscheidung der Jury am Sonntag gemeinsam mit dem oberfränkischen Sternekoch Alexander Herrmann in gewohnt launiger Manier. Das in Oberfranken in vielen Regionen sehr übliche Wort Schnerbfl – auch Schnirbfl, Schnörbfl oder Schnürbfl gesprochen –  kann am ehesten mit dem hochdeutschen „Zipfel“ gleichgesetzt werden.

Ein „Schnerbfl“ ist zum Beispiel das abgebundene Endstück der Wurst, das abgebundene obere Ende eines Sackes, der Bettzipfel oder der Ausgießschnabel an Topf oder Kanne. Zudem wird Schnerbfl häufig auch als flapsige Bezeichnung für das männliche Geschlechtsteil verwendet. Manchmal soll es sogar vorkommen, dass ein Oberfranke sein Gegenüber als „Schnerbfl“ bezeichnet – was je nach Situation durchaus auch als Beleidigung aufgefasst werden kann.

„Die Jury hat aus meiner Sicht in diesem Jahr eine ganz besondere Auswahl getroffen“, sind sich Bezirkstagspräsident Henry Schramm und Sternekoch Alexander Herrmann im Rahmen der Verkündung des Oberfränkischen Wort des Jahres in Wirsberg einig. „Schnerbfl wird nahezu in ganz Oberfranken verwendet und ist ein herrliches Beispiel dafür, wie lebendig und vielfältig unser Dialekt ist“, so Schramm.

Das Wort Schnerbfl kann man auf ein mittelhochdeutsches Verb „schnurpfen“ zurückführen, das so viel bedeutet wie sich zusammenziehen oder schrumpfen. So diene auch das Wort schnurpfen in der Variante schnürpfen in Oberfranken als Grundlage für weitere Wörter, heißt es in der Erklärung der Jury: Eine schlechte, knotige Flickerei sei in Marktschorgast (Lkr. Kulmbach) a Geschnärbf und in Waischenfeld (Lkr. Bayreuth) a Gschnörbfl. Die Ausgußröhre an der Kaffeekanne ist in Arnstein (Lkr. LIF) der Kaffee-Schnörbfl. In Peulendorf im Landkreis Bamberg heißt es: „die hot mei Huesn zammgschnörpft“, wenn die Hose schlecht geflickt ist. In Weismain im Landkreis Lichtenfels ist die Hose in diesem Fall zammgschnerbflt.

Die Jury zur Wahl des Oberfränkischen Wort des Jahres besteht aus der Sprachwissenschaftlerin Dr. Almut König vom Lehrstuhl für Germanistische Sprachwissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, dem Leiter des Oberfränkischen Bauernhofmuseums Bertram Popp, Sabine Hager von extra Radio in Hof sowie Barbara Christoph, der Leiterin der KulturServiceStelle des Bezirks Oberfranken und Florian Bergmann, dem Leiter des Präsidialbüros und der Öffentlichkeitsarbeit beim Bezirk Oberfranken.

Ausgewählt wird das Oberfränkische Wort des Jahres jedes Jahr aus einer großen Anzahl an Vorschlägen, die von der Bevölkerung beim Bezirk Oberfranken eingereicht werden können. „Dabei begegnen uns wirklich tolle Worte, die auch die Jury ab und an überraschen“, so Florian Bermann stellvertretend für die Jury. „Ein Wort, das zum Beispiel bisher keiner von uns kannte, war „Flöhfangelesärbet“. Der Einsender schrieb dazu: „Flöhfangelesärbet ist eine Arbeit, die sinnlos ist, lange dauert, nichts dabei rauskommt und die man aber trotzdem machen muss“. Dieses Wort vereine viele Elemente, die typisch fränkisch seien, erklärt die Sprachwissenschaftlerin Almut König. Ärbet oder auch Ärwet sei die fränkische Aussprache für die Arbeit, die in Franken aber durchaus positiv belegt ist. Dazu komme die Endung  -les, eine typische Endung bei Kinderspielen, wie zum Beispiel bei „Fangeles“. Mit dieser Endung nehme man dem Wort die Schwere und das Belastende.

Der Bezirk Oberfranken kürt seit 2015 jedes Jahr das Oberfränkische Wort des Jahres. Das Wort muss unseren Sprachschatz bereichern und das Gemeinte besonders treffend, originell oder präzise benennen, so die Jury. Und das sind die Oberfränkischen Wörter des Jahres aus den vergangenen Jahren, die diese Kriterien erfüllten: 2015 machte das „Wischkästla“ als oberfränkischer Begriff für „Smartphone“ den Anfang. Es folgten 2016 die oberfränkische Redewendung „a weng weng“ und 2017 „Urigeln“, eine Beschreibung für das Gefühl, wenn kalte Hände langsam auftauen. Im heißen Sommer 2018 wurde „Derschwitzen“ gewählt, 2019 „Sternlaschmeißer“, 2020 „Fregger“ und 2021 „Erpfl“. 2022 machte „waafn“ als Sinnbild für ein Miteinander im Gespräch und das Verbindende des Dialekts das Rennen. Im Jahr 2023 wurde das Meichela – ein Kopftuch – zum Oberfränkischen Wort des Jahres gekürt.

red

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