Bei ihrem emotionalen Plädoyer für Olympische Spiele in Deutschland kamen Laura Ludwig die Tränen. «Ich wünsche es mir so sehr für die Generation, die jetzt kommt, und die Generation danach», sagte die frühere Ausnahmeathletin mit brüchiger Stimme während der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Wenige Minuten später folgten die Delegierten der Rede der Beach-Volleyball-Olympiasiegerin mit einem klaren Votum.
Ohne Gegenstimme entschied die Versammlung, dass der DOSB für eine Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele in den sogenannten Continuous Dialogue mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) eintreten solle. Ein formaler Zwischenschritt auf dem sehr langen und steinigen Weg zum Ausrichter des Weltereignisses.
Im Kern werden jetzt zunächst unverbindliche Gespräche mit dem IOC geführt. Ein «klares Zeichen» sei das, sagte DOSB-Präsident Thomas Weikert. «Ein Zeichen, das auch international Beachtung finden wird.» Ein Favorit des IOC ist Deutschland aber derzeit nicht, insbesondere nach der Kritik von Ringe-Chef Thomas Bach.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist dagegen ein großer Fan der möglichen deutschen Olympia-Bewerbung. Die SPD-Politikerin bekräftigte während ihrer Rede als Reaktion auf Kritik des deutschen IOC-Präsidenten, die Autonomie des Sports sei für Deutschland «selbstverständlich und war auch immer gelebte Praxis».
Bach hatte in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» gesagt, die Haltung der Bundesregierung habe vor den Sommerspielen in Paris die politische Neutralität des Sports verletzt. Russischen oder weißrussischen Athleten sei die Einreise zu Sportveranstaltungen in Deutschland verweigert worden. Faeser widersprach vehement: Es habe keinerlei Einreisesperren für Athletinnen und Athleten gegeben und die werde es auch weiterhin nicht geben. Diese Klarstellung sei für die Zukunft sehr wertvoll, betonte Weikert.
Die inzwischen gescheiterte Ampel-Koalition mit Faeser hatte im Sommer nach längerem Zögern ihre Unterstützung für die Bewerbungspläne signalisiert. Wie sich die neue Bundesregierung, die im Februar gewählt wird, positioniert, scheint eine der großen Unbekannten.
Der DOSB schickte per entsprechendem Dringlichkeitsbeschluss zehn Forderungen an das künftige Kabinett. Explizit gefordert wird die «verbindliche Unterstützung für eine deutsche Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele» sowie die Schaffung einer Ministeriumsstelle für den Sport im Bundeskanzleramt.
«Olympische Spiele sind nicht nur der Wettkampf, sondern ein Symbol für Frieden, Zusammenhalt und den unermüdlichen menschlichen Geist», sagte Ludwig. «Ein so großes Event kann uns zusammenführen, so ein großes Projekt kann Berge versetzen.»
Wo und wann die Spiele in Deutschland stattfinden sollen, blieb offen. «In welcher Stadt, in welcher Region wird sich Deutschland jetzt bewerben, für die Spiele 2040 oder 2036? Diese Frage werden wir heute nicht beantworten können, und dafür gibt es Gründe», sagte Weikert. Einer der Gründe sei, dass der DOSB erst seit Ende Juni wisse, «dass der Bund die Bewerbung finanziell unterstützt». Außerdem werde der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Bach von Olympischen Spielen eigene Ideen haben. Die neue IOC-Spitze wird im kommenden März gewählt.
Weikert kündigte an, vier Regionalkonzepte würden zu Beginn des neuen Jahres verfeinert werden. Er danke «Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Leipzig und München sowie den Bundesländern Bayern und Nordrhein-Westfalen», die diesen Weg mitgehen würden. Er sei zuversichtlich, dass der Mitgliederversammlung im kommenden Jahr ein Konzept vorgestellt werden könne, dass «nicht nur mitspielen, sondern auch gewinnen» könne.
Als neuer Vizepräsident im DOSB wurde Martin Engelhardt gewählt, der auf den im Juni zurückgetretenen Oliver Stegemann folgt. Der Präsident der Deutschen Triathlon Union setzte sich in einer Stichwahl knapp gegen den Präsidenten des Bayerischen Landes-Sportverbandes, Jörg Ammon, durch. Engelhardt kam auf 236, Ammon auf 227 Stimmen. Er freue sich auf die Zusammenarbeit, sagte Weikert. Die weiteren Bewerber auf das Amt waren ohne Chance.
Quelle: dpa