Das Christfest mal anders: Statt Stollen und Spekulatius gibt es in Norwegen einen Haferbrei für einen Gnom. In Australien surfen die Santas, die Mexikaner suchen eine Herberge und die Spanier sind im Lottofieber. Ein weihnachtlicher Streifzug durch alle Kontinente.
Von wegen vierwöchige Adventszeit: Die streng katholischen Philippinen feiern fast 130 Tage lang Weihnachten – länger als jedes andere Land der Welt. Los geht «Pasko», wie das Fest der Liebe in der am weitesten verbreiteten Sprache Tagalog heißt, am 1. September. Dann werden in Shopping-Malls riesige Weihnachtsbäume enthüllt und Schaufenster und Geschäfte mit allerlei glitzernder Deko geschmückt.
Die Tage bis zum eigentlichen Fest werden auf bunten Leuchttafeln heruntergezählt. «Ber-Monate» wird diese Zeit genannt. Gemeint sind die vier Monate des Jahres, deren Namen mit diesen drei Buchstaben enden. Schluss ist offiziell erst nach dem 6. Januar, dem Fest der Heiligen Drei Könige.
In den letzten neun Tagen vor dem Fest strömen viele Philippiner zu nächtlicher Stunde entweder gegen Mitternacht oder um 4.00 Uhr morgens in die Kirchen. «Simbang Gabi» heißt die Tradition aus den Zeiten der spanischen Herrschaft, oder auch «Misa de Gallo» – Hahnenmesse, in Anlehnung an die Uhrzeit. Viele Gläubige hoffen, dass ihre Wünsche in Erfüllung gehen, wenn sie bis Heiligabend alle neun Messen besuchen.
Die Mexikaner erinnern in der Vorweihnachtszeit mit den «Posadas» an die Herbergssuche von Maria und Josef. Singend und mit Kerzen in den Händen ziehen sie auf der Suche nach einer Herberge von Haus zu Haus. Nach einem festen Ritual weisen die Bewohner die Heilige Familie zunächst ab, schließlich öffnen sie jedoch die Tür und bitten sie hinein.
Dann wird mit Tamales – in Blättern gedämpfte Maismasse mit Fleisch und Mole-Soße aus Chili, Gewürzen und Schokolade – sowie Punsch gefeiert. Für die Kinder gibt es eine Piñata: Mit einem Stock schlagen sie so lange auf die Kugel aus Pappmaché ein, bis diese aufplatzt und die Süßigkeiten herausfallen.
Die Tradition der «Posadas» geht auf spanische Augustinermönche zurück. Bei der Missionierung der indigenen Ureinwohner nahmen sie die Riten der Azteken auf und gaben ihnen eine christliche Bedeutung. So feierten die Azteken Anfang Dezember die Ankunft des Kriegsgotts Huitzilopochtli. Die Augustiner verbanden die traditionellen Feiern mit der biblischen Weihnachtsgeschichte.
Lebkuchen und Spekulatius, süße Plätzchen und Glühwein? In Äthiopien, wo Weihnachten nach dem orthodoxen Kalender am 7. Januar gefeiert wird, hat das nichts zu suchen. In dem Land am Horn von Afrika ist die Adventszeit nicht die Zeit freudiger Schlemmereien, sondern eine 43-tägige Fastenzeit namens «Tsome Nebiyat».
Wer sich ganz streng daran hält, darf nur eine Mahlzeit am Tag essen, die nach den Fastenregeln der äthiopischen Kirche kein Fleisch, Milchprodukte oder Eier enthalten darf. Alkohol ist ebenfalls tabu.
«White Christmas»: In Australien sind damit wohl eher die überfüllten weißen Sandstrände gemeint als weißer Schnee. Denn in Down Under ist zur Weihnachtszeit Sommer. Die Menschen strömen ans Meer oder feiern in bester Aussie-Manier mit Barbecues und eiskaltem Bier.
Auch Familienpicknicks am Strand sind beliebt, wo surfende Santas mit Weihnachtsmütze die Wellen reiten. Noch mehr Weihnachtsmänner gibt es bei den sogenannten Santa Pub Crawls, bei denen sich Kostümierte von Bar zu Bar trinken.
Weihnachten ist in Japan – einem Land, das vom Shinto und Buddhismus geprägt ist und wo nur die wenigsten den christlichen Hintergrund von Weihnachten kennen – vor allem eine Zeit des Konsums und Genusses. Jedes Jahr zur Weihnachtszeit gönnen sich dabei Millionen japanische Familien knusprige Hähnchen der amerikanischen Fast-Food-Kette KFC (Kentucky Fried Chicken), was längst zu einer landesweiten Tradition geworden ist.
Der Dezember ist für KFC in Japan denn auch ein umsatzstarker Monat. Um die speziellen KFC-Weihnachtsgerichte zu bekommen, muss man sie oft lange im Voraus bestellen.
Alljährlich fiebern die Spanier der großen Weihnachtslotterie «El Gordo» (deutsch: der Dicke) entgegen: Am 22. Dezember ist es wieder so weit, dann verfolgen viele Menschen die live aus Madrids prächtigem Opernhaus Teatro Real übertragene Ziehung der Glückszahlen gebannt im Fernsehen und hoffen auf ein Stückchen von dem diesmal 2,7 Milliarden Euro schweren Lottokuchen. Die meisten Lose werden in Spanien verkauft, aber online beteiligen sich auch immer mehr Ausländer.
Die 1812 in Cádiz ins Leben gerufene Lotterie gilt als die älteste der Welt und aufgrund der ausgespielten Gesamtsumme auch als die größte. Allerdings sind die Einzelgewinne nicht so hoch wie in manchen anderen Lotterien, da viele Menschen nur ein Zehntellos – den «Décimo» – erwerben; dafür gibt es aber jede Menge Gewinner. Wer leer ausgegangen ist, hat am 6. Januar noch einmal eine Chance bei einer anderen spanischen Traditionslotterie: «El Niño», die Jesuskind-Lotterie am Dreikönigstag.
Familien mit kleinen Kindern stellen in Norwegen an Heiligabend gerne einen Teller mit Haferbrei («grøt») vor die Tür. Der ist für den Gnom, der dem Volksglauben zufolge im Stall lebt und über die Tiere wacht. Sein norwegischer Name ist Nisse, und von ihm gibt es verschiedene Ausführungen. Bekommt er keinen «grøt», kann der Wichtel den Menschen üble Streiche spielen.
Über die Jahrhunderte hinweg ist die Figur des Nisse mit dem aus Deutschland über Dänemark nach Norwegen gekommenen Weihnachtsmann verschmolzen. Heute ist es der Weihnachtsnisse mit der roten Mütze, der die Geschenke bringt. Wer aber nun den Brei isst, wird für die Kinder wohl ein Rätsel bleiben.
In Italiens Supermärkten stapeln sich alle Jahre wieder die Kartons mit Panettone: Das süße Brot, das eigentlich eher einem Kuchen gleicht, gehört in vielen italienischen Familien unbedingt zur Weihnachtszeit dazu und ist eine eingetragene Marke. Eigentlich kommt der aus Weizensauerteig hergestellte Panettone aus Mailand.
Gebacken wird er mit Rosinen und kandierten Früchten in besonderen Papiermanschetten – das lässt die süße Delikatesse 20 Zentimeter in die Höhe steigen. Für die Nahrungsmittelindustrie bedeutet die Panettone-Tradition ein ausgezeichnetes Geschäft: Mehr als 20 Millionen Stück wurden im vergangenen Jahr verkauft.
In Südfrankreich in der Provence gibt es zu Weihnachten den süßen Brauch, 13 Desserts aufzutischen – in Erinnerung an Jesus und seine zwölf Jünger. Während das Weihnachtsessen selbst aufwendig und üppig ist, verlangen die traditionellen Nachtische weniger Aufwand.
Sie bestehen unter anderem aus Nüssen, Feigen, Mandeln und Rosinen sowie Trockenfrüchten, aber genau ist dies nicht festgelegt. Die Tradition besagt, dass jeder ein bisschen von jeder Nachspeise nascht, um im neuen Jahr Glück zu bekommen.
Quelle: dpa