Das Landratsamt Ebersberg in Oberbayern hat eine vorsorgliche Warnung vor dem Bornavirus ausgesprochen. Hintergrund sind demnach Nachweise bei mehreren Tieren in der Region. «Diesen Sommer wurden dem Veterinäramt im Landkreis Ebersberg Pferde mit Verdacht auf eine Bornavirus-Infektion sowie drei Igel gemeldet, die infiziert waren und daran verstarben», heißt es in einer Mitteilung der Behörde.
Wie der Bayerische Rundfunk berichtete, gab es auch in einer Pflegestation im niederbayerischen Eggenfelden (Landkreis Rottal-Inn) mit dem Erreger infizierte Igel, zuletzt im September. Insgesamt seien in diesem Jahr bisher sechs Nachweise bundesweit bei Igeln erfasst, alle in Bayern, sagte Dennis Rubbenstroth, Leiter des Nationalen Referenzlabors für Bornavirusinfektionen am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems.
Menschen können sich in extrem seltenen Fällen mit dem Bornavirus (BoDV-1 – Borna Disease Virus 1) infizieren, Folge ist eine meist tödlich verlaufende Hirnentzündung. Bisher gilt dabei die Feldspitzmaus (Crocidura leucodon) als einziger bekannter Überträger des Virus auf Menschen.
Infizierte Feldspitzmäuse scheiden das Virus in Urin, Kot und Speichel aus. Darüber können sich andere Säugetiere anstecken, die selbst jedoch als Sackgassenwirte fungieren und das Virus nicht weiterverbreiten. Neben dem Anfassen infizierter Feldspitzmäuse gelten beim Menschen auch der Kontakt mit Mäusekot, kontaminiertem Staub oder Erde sowie verunreinigte Lebensmittel und Wasser als mögliche Übertragungswege.
Ob auch der Igel lediglich als Sackgassenwirt fungiert oder womöglich in seltenen Fällen doch eine Übertragung durch infizierte Igel möglich ist, werde derzeit geprüft, sagte Rubbenstroth der Deutschen Presse-Agentur. Konkrete Hinweise auf eine Virusausscheidung habe es in den bisher untersuchten Fällen jedoch nicht gegeben.
Vor den Fällen in diesem Jahr sei bundesweit erst ein anderer – 2022 ebenfalls in Bayern – beim Igel erfasst worden. Das sei auch der erste Fall weltweit gewesen, was allerdings auch kaum verwundere, da BoDV-1 nur in Teilen Deutschlands sowie einzelnen Regionen Österreichs, der Schweiz und Liechtensteins vorkomme. Alle sieben bisher erfassten Fälle betrafen Rubbenstroth zufolge Igel, die bereits mit typischen Krankheitsanzeichen gefunden worden waren und nach ihrem Tod von Pflegeeinrichtungen zur Ermittlung der Todesursache an Labore geschickt wurden.
Gerade in diesem Jahr habe sicherlich die erhöhte Aufmerksamkeit für das Thema dazu beigetragen, dass mehr Fälle entdeckt wurden, sagte Rubbenstroth. Hinweise auf eine generell stärkere Aktivität des Erregers gebe es nicht. Dass Igel empfänglich für das BoDV-1 sind, sei wenig überraschend: Das gelte auch für etliche andere Säugetier-Arten.
Tote Spitzmäuse sollten nicht mit bloßen Händen angefasst und entsorgt werden. Wer etwa eine von der Katze angeschleppte Maus aufheben möchte, sollte dem Landratsamt zufolge Gummihandschuhe tragen und bei Staubentwicklung möglichst eine eng anliegende Maske sowie eine Schutzbrille tragen. Ein totes Tier könne in einer gut verschlossenen Plastiktüte im Hausmüll entsorgt werden. «War die Umgebung staubig, solle man umgehend duschen sowie Haare und benutzte Kleidung waschen.»
Nicht nur wegen des Bornavirus, sondern allgemein seien im Umgang gerade mit erkrankten Wildtieren stets Vorsicht und Eigenschutz geboten, mahnte Rubbenstroth. Gerade kranke oder tote Spitzmäuse und andere Wildtiere sollten möglichst nie mit bloßen Händen angefasst werden. Das gilt jetzt im Herbst zum Beispiel, wenn unterernährte Igel mitgenommen und zu Pflegestationen gebracht werden.
Seit 1996 gab es nach Angaben des bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) im Bundesland eine mittlere zweistellige Anzahl an Bornavirus-Infektionen beim Menschen. Erst Ende vergangenen Jahres war ein Mensch in Mittelfranken an den Folgen der Infektion gestorben, wie das Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen mitgeteilt hatte.
Dem bundesweit zuständigen Robert Koch-Institut in Berlin wurden seit Einführung einer Meldepflicht im Jahr 2020 jährlich bis zu sechs Fälle bei Menschen gemeldet, der Großteil davon aus Bayern. BoDV-1 kommt in Deutschland in Bayern, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und angrenzenden Teilen benachbarter Bundesländer vor.
Quelle: dpa