Achtung, die Ohrwürmer sind gleich wieder da. Unglaubliche 30 Jahre ist Disneys Film «Der König der Löwen» mittlerweile alt – und so vieles an ihm ist zum Klassiker geworden. Da sind Songs wie «Hakuna Matata» und «Can You Feel the Love Tonight» – da ist das Musical, da ist der riesige kommerzielle Erfolg. Nun bringt Disney mit «Mufasa: Der König der Löwen» die Vorgeschichte ins Kino und will an die Legende anschließen. Der Konzern wartet mit fotorealistischen Animationen und einer Starbesetzung bei den Sprecherinnen und Sprechern auf. Das Überraschendste ist aber die erstaunlich dunkle Geschichte – die den Ursprungsfilm noch mal in ein ganz neues Licht rückt.
Zur Erinnerung: Der König der Löwen – das war die Geschichte um den kleinen Löwen Simba, der seinen Vater Mufasa auf tragische Weise verliert und dessen böser Onkel Scar ihn mit einer Lüge aus seinem Königreich vertreibt. Doch auch mit Hilfe seiner Freunde Timon und Pumbaa wendet sich das Blatt und Simba wird am Ende König. Und hier setzt nun der neue Film ein.
Simba ist mittlerweile Vater einer Tochter geworden. Die kleine Kiara (in der Originalversion gesprochen von Blue Ivy Carter, der zwölfjährigen Tochter von Beyoncé Knowles und Jay-Z) ist das erste Mal alleine zu Hause. Denn ihre Eltern Nala (Beyoncé) und Simba (Donald Glover) müssen etwas ohne sie erledigen. Und weil Kiara sich angesichts eines Sturms sehr fürchtet, erzählt Rafiki, ein alter Bekannter aus dem «König der Löwen», ihr die Geschichte von Mufasa – Simbas Vater.
Darin wird klar: Mufasa, der weise, starke König aus «Der König der Löwen», wird in jungen Jahren durch ein großes Unglück zum Waisenkind. Ein schreckliches Unwetter kommt damals über das Reich seiner Eltern. Er überlebt wie durch ein Wunder die Fluten, doch er wird fernab seiner Heimat in der Fremde angespült – und hat seine Eltern verloren.
Seine Rettung ist Taka (Kelvin Harrison Jr.) – ein Löwenjunge im gleichen Alter, der sich nichts sehnlicher wünscht als einen Bruder. Doch Takas Vater, König in seinem Löwenreich, möchte ein fremdes Kind nicht in seinem Stamm aufnehmen. Taka überzeugt ihn jedoch – und so darf Mufasa bleiben. Die Kinder wachsen heran. Doch dann wird das Reich ihrer Eltern von dem bösen Kiron (Mads Mikkelsen) bedroht – und die Brüder stehen vor einer Bewährungsprobe.
Der rund zwei Stunden lange Film (Regie: Barry Jenkins) besteht wie schon die Realverfilmung des Originals aus dem Jahr 2019 aus fotorealistischen Animationen. Die Löwen und die Landschaften sehen täuschend echt aus – von technischer Seite her hat der Film nichts mehr mit dem Original von vor 30 Jahren gemein. Die Bilder und die Kämpfe der Löwen sind auf der großen Leinwand und mit musikalischer Untermalung mitunter so gewaltig, dass sie vor allem für junge Kinder völlig überwältigend sein dürften.
Ähnlich zum Original ist beim neuen Film das Grundkonzept: «Mufasa: Der König der Löwen» ist wieder ein Musicalfilm. Mit Songs wie «I Always Wanted a Brother» oder «Tell Me It’s You» knüpft Komponist Lin-Manuel Miranda an die Ohrwürmer von Elton John und Hans Zimmer aus dem Original an. Auch sie dürften wieder Hit-Charakter haben – und vielleicht ebenfalls einen Oscar bekommen?
Das Überraschende an der Vorgeschichte zum «König der Löwen» ist die tiefgehende Geschichte. Da wird ein Waisenjunge herzlich in eine Königsfamilie aufgenommen – und aus dem Underdog wird wegen seiner Talente und seines guten Charakters ein so erfolgreicher Erwachsener, dass er seinen Bruder weit hinter sich lässt. Was macht das mit dem anderen Kind, das nun die zweite Geige spielt – wo es doch von Geburt an eigentlich das privilegierte Kind war? Kann es das akzeptieren und seinen Bruder weiter lieben? Oder wird es seinem Bruder nach dem Leben trachten?
Disneys neuer Film sendet trotz aller dunklen Geheimnisse die Botschaft aus: Folge Deinem Herzen und Du kannst alles werden, was Du möchtest. Aus einem Waisenjungen kann ein König werden – denn am Ende setzt sich derjenige durch, der durch seine Talente und seine harte Arbeit die besten Ergebnisse erzielt. Es ist der amerikanische Traum. Das dürfte so manchem Zuschauer bitter aufstoßen. An die Verwirklichung dieses amerikanischen Ideals dürften derzeit wohl nur noch die allerjüngsten Zuschauer glauben.
Aber wer darüber hinwegsehen kann: Die Bilder sind eindrucksvoll, die Songs sehr gut – und am Ende ist «Mufasa: Der König der Löwen» wie das Original ein Film, der die ganze Familie unterhält. Und das pünktlich zur Weihnachtszeit.
Quelle: dpa