Neu im Kino

Sigmund Freud und C.S. Lewis auf der Analyse-Couch

19. Dezember 2024 , 07:03 Uhr

Der Vater der Psychoanalyse und der Mitbegründer der Fantasy-Literatur debattieren in einem fiktiven Aufeinandertreffen über Gott und private Schicksale. Kann das auf der Kino-Leinwand funktionieren?

Man nehme zwei berühmte Geistesgrößen, erfinde ein Treffen zwischen den beiden und lasse die Genies aufeinanderprallen. Diese Versuchsanordnung kommt nun mit dem Titel «Freud – Jenseits des Glaubens» ins Kino. Dass der Film nicht zu einer akademischen Vorlesung verkommt, ist der Schauspielkunst von Anthony Hopkins als Sigmund Freud, Matthew Goode als C.S. Lewis und Liv Lisa Fries als Freuds Tochter Anna zu verdanken. Der Film zeigt den 83 Jahre alten Freud zu Beginn des Zweiten Weltkrieges im Exil in England. Dorthin war der Begründer der Psychoanalyse mit seiner Familie aus seiner Heimat Wien geflohen, um der antisemitischen Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entkommen.

Regisseur Matthew Brown lässt Freud wenige Wochen vor seinem Tod auf C.S. Lewis treffen, der damals als Universitätslektor in Oxford arbeitete, und der Jahre später mit den «Chroniken von Narnia» zum Kult-Autor wurde.

Rund um Freuds berühmte Patienten-Couch, die er aus Wien mitgebracht hat, debattieren der jüdische Religionskritiker Freud und der gläubige Christ Lewis über profunde Fragen: Gibt es Gott, und wozu brauchen ihn die Menschen? Im Zuge der Diskussion entlocken sich die Männer gegenseitig schmerzhafte und private psychologische Facetten, die in Rückblenden erzählt werden.

Der 86-jährige Hopkins, der vor etwa 30 Jahren im Film «Shadowlands» C.S. Lewis verkörpert hatte, spielt diesmal überzeugend Sigmund Freud, dessen Intellekt trotz Krebserkrankung, Alkohol und Morphium nichts an Schärfe eingebüßt hat. Ein Lichtblick in dem optisch meist düsteren Film ist auch Fries, deren Blicke und Gesten manchmal mehr erzählen als das Streitgespräch der Hauptfiguren.

Anna Freuds Liebe zu ihrer Lebensgefährtin und ihr nicht unkompliziertes Verhältnis zu ihrem Vater werden im Film zwar angerissen, hätten aber mehr Raum verdient – genauso wie Lewis‘ Trauma aus dem Ersten Weltkrieg oder seine Beziehung zu der Mutter eines gefallenen Kameraden.

Ein weiterer Wermutstropfen ist die Synchronfassung: Hopkins und Fries klingen in der deutschsprachigen Version wie Deutsche, obwohl die aus Wien geflohenen Freuds in Wirklichkeit österreichisch gefärbtes Hochdeutsch sprachen. So verliert der Film einiges an Authentizität und Tiefe.

Quelle: dpa

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