Die bundesweit erste Koalition aus SPD und BSW ist in Brandenburg beschlossene Sache. Nach dem einstimmigen Votum des BSW entschied auch die SPD auf einem Landesparteitag nahezu einhellig bei einer Enthaltung für den gemeinsamen Koalitionsvertrag. Eine Hürde gibt es noch: Die Wahl und Vereidigung von Ministerpräsident Dietmar Woidke ist für kommenden Mittwoch (11.12.) geplant.
«Es waren schwere Verhandlungen, es waren harte Verhandlungen», sagte SPD-Landeschef Woidke beim Landesparteitag. Er nannte das Thema Ukraine-Krieg als Beispiel. Die SPD habe Unterschiede nach hinten gestellt. «Wir haben es auch geschafft, diese schwierigen Situationen gemeinsam zu meistern», sagte Woidke. Es gebe nach der Landtagswahl nur eine Option ohne die AfD – und das sei die Koalition mit dem BSW. Bei der SPD stimmten 108 Delegierte für den Koalitionsvertrag, keiner dagegen, einer enthielt sich.
Nicht alle Genossen zeigten sich zufrieden. Der Vorsitzende des Arbeitskreises Polen, Wolfram Meyer zu Uptrup, warnte vor Verunsicherung der polnischen Nachbarn und vor russischem Imperialismus: «Wenn Frieden in Wirklichkeit Unterwerfung bedeutet, dann ist es kein Frieden.» Juso-Landeschef Leonel Richy Andicene kritisierte die Stärkung von Grenzkontrollen, lobte aber die Arbeits- und Jugendpolitik. Juso-Vorstand Maximilian Henningsen lehnt die Bezahlkarte ab: «Die Bezahlkarte drückt Misstrauen gegenüber Menschen aus, die vor Krieg und Vertreibung fliehen müssen.»
Das junge Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sandte zuvor ein klares Signal: Alle 32 anwesenden Mitglieder stimmten für den Koalitionsvertrag. Das BSW in Brandenburg hat nach eigenen Angaben 50 Mitglieder. «Das ist ein überwältigender Vertrauensvorschuss, den ihr uns gebt. Wir werden liefern», rief der BSW-Landesvorsitzende Robert Crumbach. Die Bevölkerung dürfe nicht im Regen stehen gelassen werden. Er räumte ein: «Es gab in diesen Sondierungsverhandlungen sehr, sehr schwierige Situationen, wo ich gedacht habe: Okay, das wird nicht funktionieren.»
Aus der Sicht der Bundesvorsitzenden Sahra Wagenknecht hat das BSW im Koalitionsvertrag mit der SPD wichtige Weichen für eine andere Politik gestellt. Es sei wichtig, dass das BSW verankert habe, dass der Ukraine-Krieg mit diplomatischen Mitteln beendet werden müsse, sagte sie beim Parteitag. «Wir haben die Debatte über Krieg und Frieden (…) verändert in diesem Land.»
Das künftige Kabinett steht fest. SPD-Landtagsfraktionschef Daniel Keller wird Wirtschaftsminister, die bisherige Finanzministerin Katrin Lange leitet künftig das Innenressort, wie Woidke ankündigte. Justizminister soll der bisherige Staatskanzlei-Staatssekretär Benjamin Grimm (alle SPD) werden.
Als Agrarministerin ist die Vorstandschefin des Agrarmarketingverbandes Pro Agro, Hanka Mittelstädt, vorgesehen. Steffen Freiberg soll das Bildungsressort weiterführen und Manja Schüle das Wissenschaftsministerium, Kathrin Schneider (alle SPD) bleibt Staatskanzleichefin.
Für das BSW wird Landes- und Fraktionschef Crumbach Finanzminister, Templins Bürgermeister Detlef Tabbert Verkehrsminister und die Ex-SPD-Landtagsabgeordnete Britta Müller übernimmt das Gesundheitsressort.
Beide Parteien wollen die Krankenhausstandorte erhalten, die Kindergärten für Eltern beitragsfrei lassen, die Zahl der Polizisten aufstocken und illegale Migration eindämmen. Im Bund und der EU wollen sie sich dafür einsetzen, eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts mit dem Ziel von Waffenstillstand und dauerhaftem Frieden voranzutreiben.
Die Koalition muss nächsten Mittwoch erneut beweisen, dass sie geschlossen steht. Am vergangenen Dienstag bestand sie ihre Bewährungsprobe und zeigte in einer Sondersitzung weitgehende Geschlossenheit. Der BSW-Landtagsabgeordnete Sven Hornauf hatte zuvor gedroht, wegen Kritik an einer Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 am Fliegerhorst Holzdorf bei der Wahl des Ministerpräsidenten nicht für Woidke zu stimmen.
SPD und BSW kommen im neuen Landtag auf 46 Stimmen (32 und 14). Die AfD hat 30 Abgeordnete, die CDU 12.
Das BSW kam bei den Landtagswahlen im September in gleich drei Landtage. In Thüringen streben SPD, CDU und BSW eine Koalition an. In Sachsen scheiterten Sondierungsgespräche mit dem BSW. Dort soll eine Minderheitsregierung aus CDU und SPD geschmiedet werden.
Quelle: dpa