Es ist ein Ort von großer historischer Bedeutung – und doch verfällt er: Das Nürnberger Zellengefängnis erlangte während des Prozesses gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher internationale Bekanntheit. Angeklagte wie auch Zeugen des Verfahrens waren 1945 und 1946 in dem Gebäude untergebracht.
Um die historische Bedeutung des Gebäudes zu würdigen, wollte die Staatsregierung das 1868 erbaute Zellengefängnis zusammen mit dem Nürnberger Justizpalast und dem für die Nürnberger Prozesse genutzten Saal 600 in die Vorschlagsliste für das Unesco-Welterbe aufnehmen lassen. Der Antrag scheiterte unter anderem auch mit Verweis auf den schlechten Zustand des Gefängnisses.
Mehrere Zellentrakte – darunter auch der, in dem die NS-Hauptkriegsverbrecher einsaßen – wurden bereits in den 1980er Jahren abgerissen. Der restliche Teil des Gebäudes verfällt.
Um den Verfall künftig einzudämmen, soll das Zellengefängnis nun zumindest ein Notdach erhalten. Anlass ist demnach ein für die Statik des Gebäudes besonders problematischer Wassereintritt, wie ein Sprecher des bayerischen Justizministeriums auf Anfrage mitteilte. Das Staatliche Bauamt Erlangen-Nürnberg schätzt den Angaben nach derzeit den Kosten- und Zeitplan ab.
Was darüber hinaus mit dem Gebäude geschehen soll, ist derzeit weiter unklar. Aus Sicht des Justizministeriums stehen für das Zellengefängnis nach der erfolglosen Unesco-Bewerbung «grundlegende Weichenstellungen» an. Das betrifft demnach gleich mehrere Fragen. Wie soll das Gebäude künftig genutzt werden? Wie soll es baulich ertüchtigt werden? Was soll das Ganze kosten und wie soll es finanziert werden? «Die Klärung dieser anspruchsvollen Fragen beansprucht Zeit», heißt es dazu vom Ministerium.
Überlegungen zur Zukunft des Zellengefängnisses gibt es auch in Nürnberg. Die Stadt kann sich etwa eine museale Nutzung in Kombination mit dem Memorium Nürnberger Prozesse vorstellen. Es sei denkbar, das Zellengefängnis in virtueller Form, zum Beispiel mit Augmented Realitiy, künftig noch stärker in die Vermittlungsarbeit einzubeziehen, teilte ein Stadtsprecher mit. Gespräche zwischen der Stadt und dem Freistaat habe es dazu noch keine gegeben.
Das Memorium ist eine Dauerausstellung im Nürnberger Justizpalast. Besucherinnen und Besucher lernen dort über die Geschichte der Nürnberger Prozesse und die Entstehung des Völkerstrafrechts. Zugleich ist dort mit dem Saal 600 der historische Ort des NS-Hauptkriegsverbrecher-Prozesses zu besichtigen.
Quelle: dpa